die medienhäuser haben angst, die blogger glaubenm sie können alles besser und jene, die mit werbung auf blogs geld verdienen wollen scheitern. für die lehrveranstaltung multimedia sollte ich einen artikel verfassen. ich will ihn euch nicht vorenthalten.
Tim Berners Lee hatte Ende der 1980er Jahre eine Schnapsidee. In dieser Bewertung waren sich alle seiner Kollegen einig. Kurze Zeit später hat sich „Hypertext“ dann doch durchgesetzt. Einer kleinen (universitären) Elite war es plötzlich möglich Inhalt und Bibliographie zu verknüpfen. Ein Klick auf ein „Zitat“ und ein „Hyperspace Tunnel“, also eine Art virtuelles „Wurmloch“ öffnet sich, verschlingt den Leser und spuckt ihn an einer anderen Stelle wieder aus. Kein Wunder, dass sich das frühe Web der science fiction Sprache bediente, mutet das Konzept „Hypertext“ – ein word wide web aus verlinkten Dokumenten – doch ziemlich futuristisch an.
Zweite Generation
Kaum hatten wir begriffen, wie dieses Web funktioniert hat es sich schon wieder verändert. Es wurde in der neuen Version ausgeliefert. Deshalb hat man es, ganz in der IT Diktion auch Web2.0 genannt. Das Web der neuen Generation basiert nicht mehr darauf, dass eine Elite, die Zugang zu Serverinfrastruktur und know how, etwa wie man html Dokumente schreibt und einen ftp Server bedient, ein Dokument hochlädt.
Das Web ist eine Applikation geworden, die den User einlädt den Content doch einfach selbst zu machen. Eine ganze Menge Leute ist jetzt noch mehr durch den Wind als sie es in den frühen 1990ern schon waren. Heute sind wir alle nur wenige Klicks von unserem eigenen distributiven Massenmedium entfernt. Mitgliedschaft in einer gut vernetzten Elite, know how und Zugang zu Infrastruktur stellen keinen Vorsprung gegenüber der diffusen Meute an netizens mehr da.
Digitalisierung
Gleichzeitig stellte sich durch Digitalisierung und Globalisierung unseres Alltags eine andere Entwicklung ein: Das Publikum löst sich vom Diktat des Fernsehprogramms und will das Gefühl informiert zu sein konsumieren, wenn es dazu Zeit hat. Dass die Tagesschau um 20:00 über den Schirm flimmert ist das Problem der Tagesschau. Die Bereitschaft den Tagesablauf nach einer Nachrichtensendung zu richten, bei der ein netter älterer Herr von einem Blatt Papier abließt, sinkt. Spartenkanäle, die über eine große technische Reichweite verfügen, versorgen kleine Gruppen mit special interest Inhalten. Die altbackene Sprache der Eliten wird von einem jungen Publikum nicht verstanden oder als lächerlich empfunden.
Scheißinternet!
Verständlicher Weise läuten in den Redaktionsstuben, Fernsehanstalten und Fakultäten nun die Alarmglocken. Alle Mann auf Kampfstation!, ein Schuldiger ist schnell gefunden: das Scheißinternet. Es gibt allen eine Stimme, während Auflagenzahlen und Tagesreichweiten (und mit ihnen Werbeeinnahmen!) einbrechen.
Die Gegenstrategien der etablierten Medien(forschung) sind vielfältig. Der ORF in Person von Wolfgang Lorenz verliert die Contenance und steckt den Kopf in den Sand. Kommunikationswissenschafter wie Christoph Neuberger versuchen dem Phänomen mit Argumenten beizukommen. Die Dritten suchen verzweifelt nach einem so genannten „Geschäftsmodell“.
authentisch bitte!
Das Publikum verabschiedet sich scheinbar von den gewohnten Medien. Wohin es geht ist jedoch unklar. Ein Rezept, wie jene, die keine Zeitung mehr lesen oder die Tagesschau nicht mehr ansehen, im Internet abgeholt und gewinnbringend mit Werbung versorgt werden kann, fehlt. Deshalb richtet sich der Blick der Medienmacher auf jene, die erfolg dabei haben ein Publikum an sich zu binden: Blogger.
Blogs – zumindest jene mit gelingender Leserbindung - sind grundsätzlich anders, als die alten Massenmedien. Sie sind persönlich, authentisch, gut vernetzt und bieten echte Kommunikation in beide Richtungen. Darin unterscheiden sie sich von den Internetauftritten der bekannten Medienmarken. Sie bieten ihren Lesern Identifikation, Partizipation und eine Unzahl von Blickwinkeln und Befindlichkeiten, keine harten News, kein Gatekeeping. Dieser grundlegende Umstand sei den Vertretern klassischer Medienunternehmen ins Stammbuch geschrieben. Blogs versorgen ihr Publikum primär nicht mit Tagesneuigkeiten. Beruhigt euch, seid ein Bisschen weniger Verkrampft! Eine große Zahl von Blogs versorgt eine ebenso große Zahl an Teilöffentlichkeiten mit persönlichen Eindrücken. „On the net,“ schreibt der selbsternannte www-Philosoph David Weinberger „everybody will be famous to 15 people“.
nicht alles ist ein Markt
Persönliche Blogs mit ihren privaten Erzählungen und ihren Meinungen zum Weltgeschehen bevölkern das untere Ende des Long Tail. Don Alphonso hat das verstanden. „Es gibt offensichtlich einen Markt für diese privaten Erzählungen, den zu bedienen die alten Gatekeepter der Medien nicht in der Lage sind“, schreibt er und macht dabei genau den Fehler de zu machen er den Etablierten vorwirft. Er spricht von einem „Markt“ für Eindrücke und Befindlichkeiten. Nicht alles was einen Wert hat, muss einen Preis haben, Herr Alfonso. Nicht alles was nachgefragt wird ist ein Markt. An diesem Punkt scheitern viele Start-up Unternehmen, die im Netz ihr Glück versuchen. Sie versuchen den sympathischen, authentischen Stil der Blogger nachzuahmen und erwarten Werbeeinnahmen. In die Gründung einer Community kann man weder investieren, noch kann man eine kaufen. Blogs die heute ein funktionierendes Geschäftsmodell haben, sind aus einer lebendigen Community hervorgegangen. Boingboing.net und gawker.com sind lebendige Beispiele dafür.
Relevanz
Erfolgreiche Blogs setzten relevante Themen, stehen im Dialog mit den Usern, die ihrerseits relevante Inhalte vorschlagen. Wobei im Netz andere Regeln für Relevanz gelten, als man das aus etablierten Mediengattungen gewohnt ist. Relevant ist, was geklickt und verlinkt wird. Die Kritik an Bloggern, sie würden bloß voneinander abschreiben zeugt vom Unverständnis derer, die sie äußern. Was einem Blogger gefällt, wird verlinkt. So wird es der Teilöffentlichkeit, die den jeweiligen Blog ließt, zugänglich. Blogger plagiieren nicht – sie verlinken Geschichten, die andere besser schreiben können. Erfolgreiche Blogs sind erfolgreich, weil sie die eigenen Adimpressions und Verweildauern eben nicht im Blick haben. Blogger haben erkannt, dass es keine Strategie gibt, diese Parameter zu beeinflussen. Außer natürlich interessante Inhalte zu haben. Das Internetpublikum hat gelernt, das authentische Blog-Gefühl von Nachahmungen zu unterscheiden. Nichts ist lästiger und leichter entlarvt als Schleichwerbung wie Advertorials und bezahlte Vorreihung bei einer Datenbanksuche.
fehlerhaft bitte!
Dazu kommt die saloppe Sprache der Blogger, der Mut zur Nicht-Perfektion. Stellt sich heraus, dass ein Posting Fehlinformation erhält, wird diese durchgestrichen und ausgebessert. Oft macht der Zusatz „Update“ diesen Umstand transparent. Blogger bessern nicht still und heimlich aus. Ihr Mut zum menschlichen Irrtum macht sie sympathisch. „The web ist broken. But it’s broken on purpose“, formuliert Weinberger.
Don Alphonso meint, Blogs sein die Wiederentdeckung des „New Journalism“ mit all seiner Egozentrik. Er übersieht dabei, dass Blogs nicht nur Gonzo-Inhalte veröffentlichen, sondern Gonzo-Massenemdien sind. Bloggen funktioniert, wenn Sprache, Form und Inhalt zusammen gehen. Bemühte Nachahmungsversuche großer Medienmarken gehen den netizens höchstens auf den Keks.
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